Locarno 2019: Vielfältige Schweizer Präsenz im ersten Jahr der neuen künstlerischen Leitung

Der zweite lange Spielfilm O FIM DO MUNDO (Thera Production) des Schweiz-Portugiesen Basil Da Cunha läuft im Internationalen Wettbewerb und spielt wie schon seine früheren Filme im Armenviertel Reboleira am Rande von Lissabon. Die authentische Milieustudie mit Laiendarstellern erzählt vom jungen Taugenichts Spirra, der seinen Alltag zwischen Gewalt, Drogen und Banden meistern muss. Da Cunhas erster lange Film ATÉ VER A LUZ lief 2013 in der Quinzaine des Réalisateurs in Cannes.

Im Wettbewerb der Cineasti del presente ist L’ÎLE AUX OISEAUX (BIRD ISLAND; Close Up Films) von Maya Kosa und Sergio Da Costa zu entdecken. Das Regieduo begleitete für seinen zweiten langen Dokumentarfilm einen Jugendlichen, der sich im Rahmen eines Eingliederungsprogrammes in einem Vogelzentrum um verletzte Vögel kümmert. Dies ist bereits der fünfte gemeinsame Film von Maya Kosa und Sergio Da Costa, die beide an der HEAD Genève studiert haben und deren Film RIO CORGO 2016 im Forum in Berlin lief. Ebenfalls in Wettbewerb der Cineasti del presente läuft der zweite Spielfilm LOVE ME TENDER von Klaudia Reynicke (Amka Films Productions). Die italienische Schauspielerin Barbara Giordano spielt darin eine Frau, die wegen ihrer Agoraphobie das Haus nicht verlässt.

In der offiziellen Selektion Fuori Concorso zeigt Samir seinen neuen Spielfilm BAGHDAD IN MY SHADOW über das Schicksal von Exil-Irakis in London, eine Koproduktion von Dschoint Ventschr Filmproduktion mit Deutschland und Grossbritannien (World Sales Global Screen). Ebenfalls ausser Konkurrenz läuft der semidokumentarische Film WIR ELTERN (p.s. 72 productions) der Schweizer Schriftstellerin Ruth Schweikert (Drehbuch, Regie) und Eric Bergkraut (Drehbuch, Regie, Produktion) mit drei ihrer Söhne in den Hauptrollen.

Grosser Auftritt für eine Komödie auf der Piazza Grande

Im Rahmen des «Crazy Midnight»-Programms auf der Piazza Grande ist die Weltpremiere der Komödie DIE FRUCHTBAREN JAHRE SIND VORBEI (Apéro Film GmbH) über die Liebes- und Lebenswirren dreier Frauen Mitte 30 zu sehen. Es ist die erste Regiearbeit von Drehbuchautorin Natascha Beller, die sich mit zahlreichen TV-Serien und Comedyformaten im Schweizer Radio und Fernsehen SRF einen Namen gemacht hat.

Der nationale Wettbewerb der Pardi di domani umfasst elf Schweizer Kurzfilme, darunter Filme aus den Filmschulen der HSLU, Head und Écal.

Zwei Dokumentarfilme zu brisanten, aktuellen Themen werden in der Parallelsektion Semaine de la critique präsentiert: In der Weltpremiere von SHALOM ALLAH (Dschoint Ventschr Filmproduktion), setzt sich Regisseur David Vogel mit zum Islam konvertierten Schweizern und seiner eigenen religiösen Vergangenheit auseinander. Die deutsch-schweizerische Koproduktion ANOTHER REALITY des Regieduos Noël Dernesch und Olli Wildhauer (koproduziert von CognitoFilms) portraitiert Clanmitglieder in deutschen Grossstädten, die sich in einer Parallelgesellschaft bewegen.

Ehrenleopard für Fredi Murer

Der Schweizer Regisseur, Drehbuchautor und Fotograf Fredi M. Murer wird dieses Jahr mit dem «Pardo alla carriera» geehrt. Das Festival zeigt aus diesem Anlass vier seiner neu restaurierten Filme in der Reihe «Histoire(s) du cinéma», darunter GRAUZONE (1979) und HÖHENFEUER (1985) den DER GRÜNE BERG (1990). Für HÖHENFEUER, der als einer der herausragendsten Schweizer Filme gilt, erhielt Murer 1985 den Goldenen Leoparden.

In derselbe Reihe werden in Zusammenarbeit mit der Cinémathèque Schweiz werden die neu restaurierten Spielfilme CHARLES MORT OU VIF von Alain Tanner (1969) und LE GRAND SOIR von Francis Reusser (1976) präsentiert.

Ebenfalls in den «Histoire(s) du cinéma» zeigt das Festival den Spielfilm FUORI DALLE CORDE (2007) von Fulvio Bernasconi, der mit dem Premio Cinema Ticino ausgezeichnet wird, sowie den über siebenstündigen SATANTANGO des Ungarn Béla Tarr von 1994, der von der Zürcher Produktionsfirma Vega Film koproduziert wurde.

SWISS FILMS in Locarno
In Zusammenarbeit mit den Solothurner Filmtagen und der Schweizer Filmakademie hat SWISS FILMS elf Schweizer Kino- oder Festivalerfolge für die Reprisenreihe «Panorama Suisse» selektioniert. Gezeigt werden sechs Dokumentar- und vier Spielfilme sowie der international erfolgreiche Kurzfilm ALL INCLUSIVE von Corina Schwingruber Ilić. Die Schweizer Kinohits ZWINGLI von Stefan Haupt oder WOLKENBRUCH von Michael Steiner sind ebenso zu sehen wie etwa die Dokumentarfilme MADAME von Stéphane Riethauser (Visions du Réel, Nyon), BARACOA von Pablo Briones (Berlinale) oder IMMER UND EWIG von Fanny Bräuning (DOK Leipzig).

Auch dieses Jahr unterstützt SWISS FILMS die internationale Lancierung der Schweizer Filme im Programm des Festivals mit Kommunikations- und Promotionsaktivitäten und ist mit einem Info Point im Palazzo Sopracenerina präsent.

Die 72. Ausgabe des Locarno Film Festivals findet vom 7. bis 17. August 2019 statt. Am 9. August gibt das Bundesamt für Kultur BAK im Rahmen des Festivals den offiziellen Schweizer Beitrag für die Kategorie International Feature Film (früher: Foreign Language Film) der Academy Awards bekannt.

SWISS FILMS, 17. Juli 2019