Jahresrückblick 2021
Erfolgreiche internationale Festivalkarrieren für Schweizer Filme
16.12.2021
Schweizer Filme zeigten sich 2021 weltoffen und multikulturell. Mit ihren lokal verankerten, aber universell erzählten Geschichten sorgten die Filme an Festivals weltweit für Aufmerksamkeit. Zahlreiche Filmschaffende aus der Schweiz arbeiteten mit Produktionspartner:innen und Regietalenten aus neuen Koproduktionsländern wie Kosovo, Paraguay oder Georgien zusammen. Mehrere Schweizer Filme gehen um einen Oscar ins Rennen. Die Situation im Kinomarkt bleibt dagegen prekär.
Den Auftakt ins Festivaljahr 2021 markierten vier vielversprechende Produktionen aus der Schweiz am renommierten Sundance Film Festival. Neben dem Animationsfilm LITTLE MISS FATE von Joder von Rotz und dem schweizerisch-portugiesischen Kurzdokumentarfilm SPIRITS AND ROCKS: AN AZOREAN MYTH von Aylin Gökmen, starteten mit GROSSER BAUM AUF REISE und HIVE zwei Schweizer Koproduktionen eine erfolgreiche internationale Festival-Karriere: Der schweizerisch-georgisch-deutsche Dokumentarfilm GROSSER BAUM AUF REISE der georgischen Regisseurin Salomé Jashi (Mira Film Basel) lief bisher an über 30 Top-Festivals weltweit, unter anderem an der Berlinale und der IDFA, und wurde als Bester Dokumentarfilm für den Europäischen Filmpreis nominiert.
HIVE der kosovarischen Regisseurin Blerta Basholli gewann am Sundance den «World Cinema Grand Jury Prize» sowie den Publikums- und den Regiepreis. Der Film ist eine Koproduktion zwischen Kosovo, der Schweiz (Alva Film Production), Nordmazedonien und Albanien und kann neben seiner Festivalkarriere auch bemerkenswert viele Verkäufe in rund 20 Länder, darunter China, aufweisen. HIVE geht als offizieller Kandidat Kosovos ins Oscar-Rennen.
Hochkarätige Dokumentarfilme
Mit dem Dokumentarfilm APENAS EL SOL von Arami Ullon (Cineworx Filmproduktion) geht eine weitere Schweizer Koproduktion – für Paraguay – ins Oscar-Rennen in der Kategorie «International Feature Film». Der Film wurde im November von der prestigeträchtigen International Documentary Association als «Best Feature Film» nominiert.
Der Dokumentarfilm OSTROV – DIE VERLORENE INSEL von Svetlana Rodina und Laurent Stoop (DokLab GmbH) wurde am Hot Docs Toronto als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet und hat sich für die Kategorie «Documentary Feature» ebenfalls für die Academy Awards qualifiziert. DIDA, eine persönlich erzählte Story von Nikola Ilić und Corina Schwingruber Ilić (Dschoint Ventschr Filmproduktion) war ein weiterer Schweizer Dokumentarfilm, der an Festivals weltweit grossen Anklang fand. Er gewann am DOK Leipzig den Publikumspreis.
Beeindruckendes Line-up an der Berlinale
Die Berlinale wurde online als Branchenanlass mit umfangreichem Schweizer Line-up durchgeführt, mit Publikumsvorführungen und den Preisverleihungen im Sommer. In der Encounters-Sektion lief AZOR, der Debutfilm von Andreas Fontana (Alina film; Schweiz, Argentinien, Frankreich). Ebenfalls für die Encounters selektioniert war DAS MÄDCHEN UND DIE SPINNE von Roman und Silvan Zürcher (Beauvoir Films), der mit dem Preis für Beste Regie und dem FIPRESCI Preis ausgezeichnet wurde. LA MIF von Frédéric Baillif (Fresh Prod) erhielt den Grossen Preis der Jury für den Besten Film im Wettbewerb Generation 14plus. Für alle drei Filme war die Berlinale-Premiere der Auftakt für eine umfangreiche internationale Festivalkarriere ebenso wie für zahlreiche Verkäufe an Verleiher weltweit.
Der deutsch-schweizerische Science-Fiction-Film TIDES von Tim Fehlbaum (koproduziert von Vega Film) war im Berlinale Special zu sehen und wurde im Oktober vierfach mit dem deutschen Filmpreis Lola ausgezeichnet.
Starkes Animations- und Kurzfilmschaffen
Am Animationsfilmfestival in Annecy, das hybrid stattfand, liefen mehrere Kurzfilme im Wettbewerb, die sich im Laufe des Jahres zu veritablen internationalen Festivalhits entwickelten. So etwa DARWIN’S NOTEBOOK von Georges Schwizgebel (Schweizer Filmpreis Bester Kurzfilm), SWEET NOTHING von Marie Kenov und Joana Fischer, DANS LA NATURE von Marcel Barelli oder ÉCORCE von Samuel Patthey und Silvain Monney, der in Annecy den «Cristal du court métrage» gewann. ÉCORCE hat sich wie auch der weltweit erfolgreiche Kompiliationsfilm ONLY A CHILD von Simone Giampaolo für die Academy Awards in der Kategorie «Animated Short Film» qualifiziert.
Nicht nur die animierten Kurzfilme feierten Erfolge. Für das Oscar-Rennen qualifizierten sich auch der in Locarno prämierte CHUTE von Nora Longatti, ALA KACHUU von Maria Brendle sowie der viel beachtete Kurzfilm DEINE STRASSE von Güzin Kar, der bereits für die Cinema Eye Honors nominiert ist.
ÜBER WASSER von Jela Hasler feierte in der Semaine de la Critique von Cannes seine Welturaufführung und wurde nach zahlreichen Festivalselektionen auch als Kandidat der Internationalen Kurzfilmtage Winterthur für die European Film Awards ausgewählt.
Cannes, Locarno, Venedig
An der hybriden Ausgabe des Filmfestivals von Cannes war SWISS FILMS mit einem virtuellen Stand am Marché du Film sowie einer kleinen Delegation vor Ort präsent. OLGA, der erste lange Spielfilm von Elie Grappe (Point Prod), feierte in der Semaine de la Critique seine Weltpremiere. Der Film steht als offizielle Schweizer Eingabe im Oscar-Rennen und wurde bereits in über 20 Länder verkauft.
Das Locarno Film Festival konnte dieses Jahr wieder physisch durchgeführt werden und präsentierte rund 40 Schweizer Produktionen, unter anderem im Rahmen des Fokusprogrammes First Look in Partnerschaft mit SWISS FILMS. Im Internationalen Wettbewerb feierte der Spielfilm SOUL OF A BEAST von Lorenz Merz (Hesse Film) Premiere, im Wettbewerb «Cineasti del presente» liefen der schweizerisch-georgische Spielfilm WET SAND von Elene Naveriani (maximage) sowie ZAHORÍ von Marí Alessandrini, eine Koproduktion zwischen der Schweiz (Le Laboratoire Central), Argentinien, Chile und Frankreich. Die schweizerisch-österreichisch-deutsche Koproduktion MONTE VERITÀ von Stefan Jäger (tellfilm) wurde auf der Piazza Grande uraufgeführt.
Die Semaine de la critique präsentierte zwei Dokumentarfilme: STAND UP MY BEAUTY von Heidi Specogna (Fama Film) sowie die minoritäre Koproduktion A THOUSAND FIRES von Saeed Taji Farouky (Koproduktion Akka Films), die anschliessend auch für den Wettbewerb der IDFA ausgewählt wurde.
Auch das Filmfestival von Venedig fand unter weitgehend normalen Umständen und einer grossen Schweizer Präsenz, insbesondere aus dem Tessin, statt (>> verlinken Webnews). Vier Filme liefen in den Giornate degli Autori: HUGO IN ARGENTINA von Stefano Knuchel (Fiumi Film) sowie die minoritären Koproduktionen CAVEMAN (Contrast Film), FELLINI E L’OMBRA (Célestes Images) und MADELEINE COLLINS (Close Up Films).
Mit ARIAFERMA von Leonardo di Costanzo (Amka Films Productions) in der offiziellen Festivalselektion und MOTHER LODE von Matteo Tortone (C-Side Productions) in der Settimana Internazionale della Critica waren zwei weitere minoritäre Koproduktionen mit italienischer Regie zu sehen. Das dokumentarische VR Projekt CAVES von Carlos Isabel (Ensemble Film) wurde im Wettbewerb Venice Virtual Reality präsentiert.
Weitere beachtliche Festivalkarrieren
Auch abseits der sogenannten A-Festivals haben Schweizer Filme an internationalen Festivals rund um den Globus für Aufsehen gesorgt. Zu nennen sind hier unter vielen anderen SAMI, JOE UND ICH von Karin Heberlein (Abrakadabra Films), THE SAINT OF THE IMPOSSIBLE von Marc Wilkins (Dschoint Ventschr Filmproduktion), ATLAS von Niccolò Castelli (Imagofilm), NACHBARN von Mano Khalil (Frame Film) oder VIDA COMIENZA, VIDA TERMINA von Rafael Palacio Illingworth (Nora Films).
Das Festivaljahr geht dieser Tage am Les Arcs Film Festival mit dem Fokus «Alpine Cinema» und einer sorgfältig kuratierten Auswahl neuer und älterer Filme aus der Schweiz zu Ende.
Kinomarkt von der Pandemie hart getroffen
Während Festivals mit hybriden Editionen und Schutzkonzepten einen gangbaren Weg durch die Pandemie fanden, trafen deren Auswirkungen den globalen Kinomarkt besonders hart. Kinosäle blieben vielerorts noch über Monate geschlossen. Mit länderspezifischen Schutzauflagen fuhren die Kinos ihren Betrieb im Laufe des Jahres wieder hoch, konnten aber trotz Zugpferden wie James Bond nicht an frühere Zuschauerzahlen anknüpfen.
Angesichts der angespannten Lage gibt es einen Rückstau an Filmen. So wiesen zwar zahlreiche Schweizer Filme gute Länderverkäufe auf, mussten ihren Kinostart aber ins 2022 verschieben. Die Folge davon sind nur wenige internationale Starts von Filmen aus der Schweiz sowie ein starker Rückgang der Eintrittszahlen im 2021.
Neue Gesichter bei SWISS FILMS
Im Januar 2021 übernahm die Medienmanagerin und Unternehmerin Catherine Mühlemann das Präsidium des SWISS FILMS Stiftungsrates. Vizepräsident ist neu der Schweizer Produzent und Verleiher Christoph Daniel. Im Juli trat mit Nicola Ruffo, ein interdisziplinärer Netzwerker im Bereich Film, digitale Medien und Innovation, seine Stelle als neuer Direktor an.
SWISS FILMS ist die Promotionsagentur des Schweizer Films. Mit Beratungen, Unterstützungsmassnahmen und publizistischen Leistungen verstärkt SWISS FILMS im Auftrag des Bundesamtes für Kultur die internationale Präsenz des Schweizer Films. Die privatrechtlich organisierte Stiftung unterhält je eine Geschäftsstelle in Zürich und Genf.
Films
Little Miss Fate
Espiritos e Rochas: um Mito Açoriano
Grosser Baum auf Reise
Hive
Apenas el sol
Ostrov – Die verlorene Insel
Dida
Azor
Das Mädchen und die Spinne
La mif
Tides
Darwin's Notebook
Sweet Nothing
Dans la nature
Écorce
Only a Child
Chute
Ala Kachuu – Take and Run
Deine Strasse
Über Wasser
Olga
Soul of a Beast
Wet Sand
Zahorí
Monte Verità
Stand up my Beauty
Mille Feux
Hugo in Argentina
Caveman – The Hidden Giant
Fellini e l'ombra
Madeleine Collins
Ariaferma
Mother Lode
Caves
Sami, Joe und Ich
The Saint of the Impossible
Atlas
Nachbarn
Vida comienza, vida termina