Schweizer Filme weltweit: Highlights und Entdeckungen 2019
An den bedeutenden internationalen Filmfestivals zeigte sich das Schweizer Filmschaffen 2019 mit auffallend vielen Debut- und Zweitlingsfilmen. Eine neue Generation von Schweizer Filmschaffenden sorgte mit starken Produktionen aus der Romandie und dem Tessin für Aufsehen.
17.12.2019
An den bedeutenden internationalen Filmfestivals zeigte sich das Schweizer Filmschaffen 2019 mit auffallend vielen Debut- und Zweitlingsfilmen. Eine neue Generation von Schweizer Filmschaffenden sorgte mit starken Produktionen aus der Romandie und dem Tessin für Aufsehen. Mit HEIDI eroberte ein Schweizer Box-Office-Hit die Kinos in China. Der Kurzfilm BONOBO schnappte sich ferner einen Student Oscar.
Von Berlin bis Toronto: Neue Namen aus der Schweiz
Den Auftakt ins internationale Festivaljahr 2019 machten zwei Schweizer Debutfilme an der Berlinale: AFRICAN MIRROR von Mischa Hedinger (ton und bild GmbH) und BARACOA von Pablo Briones (C-Side Productions). Ebenfalls in Berlin feierte WHERE WE BELONG, der neuste Dokumentarfilm von Jacqueline Zünd (real Film GmbH), Weltpremiere. In Cannes präsentierte der schweizerisch-französische Doppelbürger und einstige ECAL Absolvent Blaise Harrison seinen vielbeachteten ersten langen Spielfilm LES PARTICULES in der Quinzaine des Réalisateurs. Der Film wurde von der Lausanner Firma Bande à part Films mit Frankreich koproduziert.
International reüssierte 2019 auch der schweizerisch-portugiesische HEAD Absolvent Basil da Cunha. Sein zweiter langer Spielfilm O FIM DO MUNDO (Thera Production) wurde im internationalen Wettbewerb von Locarno uraufgeführt und danach unter anderem an den Festivals von Busan und Sao Paulo gezeigt. Ebenfalls am Locarno Film Festival startete die Festival-Karriere des Tessiner Spielfilms LOVE ME TENDER von Klaudia Reynicke (Amka Films Productions). Die schweizerisch-peruanische Regisseurin überzeugte international mit ihrem Zweitlingsfilm und einer eigenwilligen, starken Frauenperspektive. Ihr Film wurde am Toronto Film Festival TIFF, am BFI London Film Festival, dem AFI Fest in L.A. und am Black Nights Film Festival in Tallinn gezeigt.
Mit CRONOFOBIA (Imagofilm Lugano) durchlief ein weiterer Film aus dem Tessin eine bemerkenswerte Festivalkarriere: Der Debutfilm von Francesco Rizzi wurde in Saarbrücken am Filmfestival Max Ophüls für die beste Regie und das beste Drehbuch ausgezeichnet und lief an über 25 Festivals weltweit. Am Filmfestival von San Sebastián feierte die schweizerisch-belgische Koproduktion LE MILIEU DE L'HORIZON der Lausanner Box Productions im Wettbewerb New Directors ihre Weltpremiere. Die Regisseurin Delphine Lehericey begleitete ihren zweiten Spielfilm im November nach Taiwan. Dort lief er im Rahmen des von SWISS FILMS initiierten Swiss Focus am Taipei Golden Horse Film Festival. Im selben Programm war auch der in Nyon uraufgeführte Film MADAME zu sehen. Der persönliche Dokumentarfilm des Genfers Stéphane Riethauser (Lambda Prod) durchlief eine vielbeachtete internationale Festivalkarriere und läuft zurzeit in den deutschen Kinos.
Close Up Films – eine Genfer Erfolgsgeschichte
Ein besonders reichhaltiges und bemerkenswertes internationales Line-up weist 2019 die Genfer Produktionsfirma Close Up Films aus. Joëlle Bertossa und Flavia Zanon sind Koproduzentinnen von LES HIRONDELLES DE KABOUL. Der Animationsfilm feierte in Cannes Premiere, startete erfolgreich in den europäischen Kinos und wurde für einen European Film Award sowie den Prix Lumière nominiert. Der ebenfalls minoritär koproduzierte Dokumentarfilm ADVOCATE wurde am Sundance Filmfestival uraufgeführt, mehrfach an Festivals ausgezeichnet und hat es soeben auf die Oscar-Shortlist der Kategorie «Documentary Feature» geschafft.
Der von Close Up produzierte Dokumentarfilm L’ÎLE AUX OISEAUX von Maya Kosa und Sergio Da Costa lief nach seiner Weltpremiere in Locarno unter anderem an den Festivals von San Sebastián, Leipzig und Montreal. Am TIFF Docs schliesslich präsentierte das erfolgreiche Produzentinnen-Duo MON COUSIN ANGLAIS, den zweiten Film des schweizerisch-algerischen Regisseurs Karim Sayad. Auch im neuen Jahr wird Close Up Films mit eigenständigen Filmen von sich reden machen: Bereits im Januar feiert ihre neuste minoritäre Koproduktion YALDA, A NIGHT FOR FORGIVENESS des iranischen Regisseurs Massoud Bakhshi in der «World Cinema Dramatic Competition» des Sundance Film Festival Weltpremiere.
Internationale Box-Office-Zahlen: HEIDI erobert China
2019 weist der internationale Datenanalyst Comscore gemäss ersten provisorischen Zahlen rund 1.6 Millionen Kinoeintritte für Filme mit Schweizer Beteiligung im Ausland aus. Gut 700’000 Eintritte steuerte dabei der Schweizer Mega-Hit HEIDI (Zodiac Pictures) alleine mit seinem Kinostart in China bei. Die schweizerisch-deutsche Koproduktion - mit dem 2019 verstorbenen Schweizer Weltstar Bruno Ganz als Alpöhi - wurde seit seiner Lancierung Ende 2015 in über 100 Länder verkauft und gilt als erfolgreichster Schweizer Film aller Zeiten.
Der von Close Up Films koproduzierte Animationsfilm LES HIRONDELLES DE KABOUL hat seit seinem Kinostart anfangs September in Frankreich bereits rund 320'000 Eintritte erreicht. Mit über 175'000 Kinobesuchen in Frankreich gelang dem Westschweizer Antoine Russbach mit seinem Debutfilm CEUX QUI TRAVAILLENT ein Achtungserfolg. #FEMALE PLEASURE von Barbara Miller war 2019 der international erfolgreichste Schweizer Dokumentarfilm. Seit seinem Release 2018 lief er in Deutschland, Österreich, Spanien und Frankreich im Kino.
Die angeführten Kinoerfolge gelangen in einem äusserst schwierigen Marktumfeld. Der Kinomarkt befindet sich im Umbruch und kämpft – wie bereits in den Vorjahren – mit starken Rückgängen bei den Eintrittszahlen. Im Bereich VOD sind internationale Kennzahlen zu Schweizer Filmen kaum erhältlich. Verschiedene Meldungen liessen jedoch aufhorchen: 2019 erwarb der US-amerikanische Streaming-Dienst Netflix beispielsweise die Weltrechte an der Schweizer Komödie WOLKENBRUCH von Michael Steiner. Ebenfalls 2019 vermeldete Close Up Films den Verkauf der Rechte von OF SHEEP AND MEN von Karim Sayad für den nordamerikanischen Markt an Amazon.
Schweizer Kurzfilme: Festivalhits und ein Student Academy Award
Der Schweizer Kurzfilm geniesst international einen ausgezeichneten Ruf und sorgt an den bedeutenden Festivals weltweit regelmässig für Aufsehen. 2019 etwa der Kurz-Dok ALL INCLUSIVE von Corina Schwingruber Ilić (freihändler Filmproduktion). Der Festival-Hit feierte 2018 in Venedig seine Weltpremiere und lief 2019 am Sundance Filmfestival im Kurzfilmwettbewerb. Schwingruber arbeitet derzeit an ihrem Langfilm-Debut.
Das Schweizer Animationsfilmschaffen glänzte 2019 wiederum mit hochstehenden Kurzfilmproduktionen. LE DERNIER JOUR D'AUTOMNE von Marjolaine Perreten (Nadasdy Film) und KIDS (Playables) von Michael Frei feierten Weltpremiere an der Berlinale und durchliefen anschliessend eine Festivalkarriere rund um den Globus. KIDS verbuchte für sich über 100 Festivalteilnahmen und zahlreiche internationale Auszeichnungen. Ebenfalls eine herausragende Festivalkarriere durchlief SELFIES von Claudius Gentinetta (Gentinettafilm).
Am TIFF in Toronto waren zwei Schweizer Kurzfilme für den Wettbewerb «Short Cuts» selektioniert: WARUM SCHNECKEN KEINE BEINE HABEN, ein Animationsfilm von Aline Höchli (Cinéma Copain), sowie der HSLU-Diplomfilm NACHTS SIND ALLE KATZEN GRAU von Lasse Linder, der mit dem Short Cuts Award als bester Kurzfilm prämiert wurde.
Der schweizerisch-amerikanische Regisseur Zoel Aeschbacher schliesslich gewann im Oktober mit seinem kurzen Spielfilm BONOBO Gold an den Student Academy Awards in der Kategorie «Narrative, International Film Schools». Nach FACING MECCA (2017, Jan-Eric Mack, ZHDK) und FAST ALLES (2018, Lisa Gertsch, ZHDK) ging damit zum dritten Mal in Folge ein Studenten-Oscar an die Schweiz – zum ersten Mal an einen Abschlussfilm der ECAL.
Schweizer Talente an internationalen Förderprogrammen
Dank Partnerschaften mit europäischen Förderinitiativen kann SWISS FILMS Schweizer Filmschaffende für die Teilnahme an Talentprogrammen vorschlagen. Ziel der Programme ist die Stärkung der internationalen Vernetzung und des Marktzugangs.
Dank einer neuen Partnerschaft mit dem Cinemart in Rotterdam, konnte die Produzentin Franziska Sonder (Ensemble Films) am «Rotterdam Lab» teilnehmen. Regisseur Jorge Cadena wurde auf Vorschlag von SWISS FILMS mit seinem Kurzfilm SOEURS JARARIJU (GoldenEggProduction) für das Programm «Future Frames – Generation NEXT of European Cinema» der European Film Promotion EFP am Karlovy Vary International Film Festival ausgewählt.
In Cannes wurde die Produzentin Sereina Gabathuler (Dschoint Ventschr) für das EFP-Programm Producers on the Move selektioniert. Dank der einer vertieften Partnerschaft von SWISS FILMS mit dem Marché du Film nahmen vier Schweizer ProduzentInnen an den Producers Network Events teil: Noah Bohnert (Letterbox Collective Filmproduktion), Sarah Born (Catpics), Mauro Mueller (Fidelio Films) und Michela Pini (Cinédokké).
Drei Schweizer Filmprojekte wurden am Torino Film Lab präsentiert und mit insgesamt vier Preisen ausgezeichnet: WILD ENCOUNTERS von Sarah Arnold (Koproduktion TWOSA Films), MADAME von Dominik Locher (Maximage Filmproduktion, Script: D. Locher, Lisa Brühlmann) sowie UNRUEH von Cyril Schäublin (Seeland Filmproduktion, Michela Pini).
SWISS FILMS ist vom Bundesamt für Kultur mit der Umsetzung von Massnahmen beauftragt, welche die Sichtbarkeit und die Marktchancen von Schweizer Filmen im Ausland stärken. Dieser Rückblick resümiert erste Ergebnisse aus dem Jahr 2019. Weitere Ergebnisse und Zahlen werden von SWISS FILMS an einer Infoveranstaltung im Rahmen der Solothurner Filmtage vorgestellt und anfangs Juni 2020 im Jahresbericht 2019 online publiziert.
SWISS FILMS, 18. Dezember 2019
Films
Heidi
Bonobo
African Mirror
Baracoa
Where We Belong
Les particules
O Fim do Mundo
Love Me Tender
Madame
Les hirondelles de Kaboul
Advocate
L'île aux oiseaux
Mon cousin anglais
#FEMALE PLEASURE
Wolkenbruch
Des moutons et des hommes
All Inclusive
Le dernier jour d'automne
Kids
Selfies
Warum Schnecken keine Beine haben
Nachts sind alle Katzen grau
Facing Mecca
Fast alles
Sœurs Jarariju
Madame
Yalda, a Night for Forgiveness
Ceux qui travaillent
Person